- Song-Dynastie
- Song-DynastieAuf den Untergang der Tang-Dynastie folgten politisches Chaos und territorialer Zerfall. Chinesische Historiker nennen diese Zeit die Periode der »Fünf Dynastien und Zehn unabhängigen Staaten« (907-59) und betrachten sie als eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte ihres Landes. Am Ende dieser Phase erwies sich aber die Idee der nationalen Einheit, wie sie sich aus der großen Zeit der Dynastien Han und Tang den Chinesen eingeprägt hatte, als entscheidend für die Überwindung der Zersplitterung.Die Song-Dynastie (960-1276) ist politisch und zivilisatorisch von herausragender Bedeutung. Ihr erster Kaiser, ein General, der sich im Kampf gegen die aus der Mandschurei andrängenden Kitan bewährt hatte, verstand es, in den ersten Jahren seiner Herrschaft nahezu alle abgefallenen Staaten wieder dem Reich einzuverleiben und die Zersplitterung zu überwinden. Das Song-Reich konnte die territoriale Ausdehnung Chinas nicht erweitern, aber es konnte sich im Innern festigen.Die es umgebenden Reiche der Kitan, Dschurdschen und Mongolen im Norden, der Tibeter und Annam im Westen und Südwesten umschlossen es wie ein eiserner Ring. Diese Lage beeinflusste den inneren Zustand des Reiches; zivile Vorstellungen vom Zusammenleben und von der Entwicklung der Gesellschaft breiteten sich aus; das Ansehen der zivilen Beamtenschaft und die Abwertung des Militärs in der sozialen Hierarchie verfestigten sich. Die wirtschaftliche Entwicklung vor allem im Süden, wo zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche lagen, und die Ausbildung einer städtischen Bevölkerung mit neuen Bedürfnissen ließen eine an Gütern reiche Gesellschaft entstehen.Über Handelsverbindungen zur See wuchs die Zahl der fremden Produkte, die nicht mehr nur der Regierung, sondern auch weiteren Kreisen wohlhabender Bürger erreichbar waren. Unter den Gütern, die getauscht wurden, finden sich in den Song-Annalen erwähnt: chinesische Gold-, Silber- und Kupfermünzen, Blei und Porzellan gegen Weihrauch, Arzneien, Elfenbein, Perlen, kostbare Hölzer und Baumwollstoffe. Das Song-Reich unterhielt Verbindungen nach Indien, Persien und den arabischen Ländern. Die Nutzung des Magnetkompasses in der Schifffahrt begünstigte diese Entwicklung. Der handelsbedingte Abfluss von Münzen bis an die Küsten Afrikas brachte im Inland eine starke Verknappung von Metallgeld, sodass ab 970 Papiergeld ausgegeben wurde.Die Einnahmen der Regierung aus dem Handel mussten zu einem erheblichen Teil in die militärische Verteidigung gegen die immer wieder mit Invasion drohenden Nachbarn im Norden ausgegeben werden. Vorübergehend erkaufte sich das Song-Reich durch jährliche Tributzahlungen an die Nachbarn den Verzicht auf Übergriffe. 1127 musste jedoch vor den andrängenden Dschurdschen die Hauptstadt Kaifeng nach Süden in das an der Küste gelegene Linan (heute Hangzhou) verlegt werden. Als 1161-62 die Dschurdschen erneut vom Norden einfielen und den Jangtsekiang bei Nanking überschreiten wollten, wurde das in China erfundene Schießpulver erstmals in raketenähnlichen Geschossen verwendet.Kulturgeschichtlich bemerkenswert ist auch der Wandel im Alltag. Während man in der Tang-Zeit auf dem Boden saß, kamen in der Song-Zeit der Stuhl als Sitzmöbel und die Sänfte als Transportmittel in Gebrauch. Aus Gräberfunden wissen wir, dass Seide die Kleidung der Oberschicht war. Die Keramik, technisch meisterhaft und von höchstem Stilgefühl, erlebte in der Song-Zeit eine nie wieder erreichte künstlerische Qualität. Literarisch Wertvolles aus Vergangenheit und Gegenwart wurde mit Blockdruck oder mithilfe der in China erfundenen beweglichen Typen gedruckt. Die beträchtlich größere Menge an gedruckten Büchern förderte Lektüre und Studium und hob das Bildungsniveau. Die wachsende Zahl der Gebildeten und die Zunahme derer, die nach erfolgreicher Prüfung eine Beamtenkarriere einschlugen, vergrößerte Macht und Einfluss der Beamtenschicht.Mit dem Beginn des 13. Jahrhunderts erwuchs den Song ein noch gefährlicherer Gegner als es die Dschurdschen waren: die Mongolen. Mit ihrer militärischen Überlegenheit eroberten sie 1276-79 ganz China.
Universal-Lexikon. 2012.